Station 5: Göttinger Hauptbahnhof
Klassenfahrten in die DDR
Hinrich Lange, ein pensionierter Geschichtslehrer aus Einbeck, berichtete den Schülerinnen und Schülern des THG über seine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen, die er in der Zeit der deutschen Teilung auf Klassenfahrten in die damalige DDR gesammelt hat.
In den siebziger Jahren kam es unter dem neuen Kanzler der sozial-liberalen Koalition unter Willy Brandt zu weitreichenden Veränderungen in den Beziehungen der Bundesrepublik zur DDR.
Die Neuausrichtung der Ostpolitik wurde auch im Schulwesen sichtbar. So wurden u.a. Schul- und Klassenfahrten in die ehemalige DDR ermöglicht.
Waren zunächst nur Tagesfahrten über den sogenannten „kleinen Grenzverkehr“ erlaubt (z.B. über den Grenzübergang Duderstadt-Worbis), konnten später auch Fahrten mit mehrtägigem Aufenthalt durchgeführt werden.
Die Planungen waren allerdings sehr aufwendig und langwierig. Im Kreis Göttingen übernahm vor allem das Busunternehmen Weihrauch und Uhlendorff die Organisation dieser Fahrten.
Bei dem Übergang in die DDR wurde am Grenzübergang der Bus durchsucht, die Schülerinnen und Schüler mussten ihre Pässe vorzeigen. Die Weiterfahrt in die DDR konnte nur mit einer Reisebegleitung aus der DDR erfolgen, die am Grenzübergang in den Bus stie. Um politische Beeinflussung dabei zu unterbinden, durfte die Person nie ein zweites Mal die Gruppe begleiten.
In der Regel hat die Gruppe aus der Bundesrepublik der Reisebegleitung ein kleines Gastgeschenk überreicht.
Die Tagesaktivitäten variierten je nach Ort. So wurden u.a. häufig Weimar oder Eisenach (Wartburg) auf den Spuren der deutschen Klassik bzw. Geschichte besucht.
Um in die DDR einreisen zu dürfen, mussten die Besucher pro Tag 25 D-Mark in 25 Mark der DDR umtauschen. Laut Aussagen von Herrn Lange stellte es für die Jugendlichen eine besondere Herausforderung dar, diese 25 Mark in der DDR auszugeben, denn das Geld aus der DDR musste ausgegeben werden und durfte nicht zurückgetauscht oder mit in die Bundesrepublik genommen werden. Das Warenangebot in der DDR war sehr überschaubar und entsprach nur selten den Wünschen der jungen Erwachsenen. So konnten sie zwar z.B. Schallplatten kaufen, allerdings häufig nur mit klassischer Musik.
Zudem war es auch möglich in ein Restaurant zu gehen. Die Speisen dort waren zwar sehr günstig, entsprachen aber nur wenig den Gewohnheiten der Besucher aus dem Westen.
Gelegentlich trafen sich die Schülerinnen und Schüler aus dem Westen mit Gleichaltrigen aus der DDR. Diese erzählten meist auf sehr authentische Art von ihrem Alltag in der DDR, da die Gefahr der Spionage durch die Staatsicherheit bei diesen größeren Zusammenkünften relativ gering war. Gerade diese Momente blieben den Jugendlichen im Nachhinein in guter Erinnerung.
Textinhalte zusammengestellt von Debora Kiel, Elly Whistler und Malina Karg (THG)
Während seines Besuchs am THG geht Hinrich Lange auf die interessierten Fragen der Jugendlichen ausführlich ein.