Station 2: Der Berlinstein
Volksaufstand am 17. Juni 1953
Mit dem Berlinstein gedenken die Göttinger an die blutige Niederschlagung des Volksaufstandes in der DDR
Der Berlinstein ist ein im Jahr 1960 vom Bildhauermeister Georg Schorn entwickelter 1,50 m hoher Naturstein, der als Denkmal an der Berliner Straße – Ecke Weender Straße an den Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 erinnern soll.
Bis 1990 wurde in der Bundesrepublik am 17. Juni mit einem Nationalfeiertag (vergleichbar mit dem heutigen Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober) an dieses Ereignis gedacht. Seit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrags 1990 wird am 3. Oktober der Tag der deutschen Einheit begangen.
Durch einen zu Beginn der 50er Jahre in der DDR „beschleunigten Aufbau“ des Sozialismus, der mit der Abriegelung der DDR zur Bundesrepublik 1952 begann, zu Repressionen z.B. für Christen (Angriffe auf Junge Gemeinde) und Landwirte (Beginn der Kollektivierung der Landwirtschaft) führte, und mit der Umstrukturierung des Staates zu einem Zentralstaat (statt eines föderalen Staates) verbunden war, stieg die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger. Dazu gehörte auch, dass der Lebensstandard in der DDR niedriger war als im Westen. Auslöser des Volksaufstands am 17. Juni 1953 waren staatliche Forderungen nach immer höheren Arbeitsnormen: am 16. Juni 1953 streikten Arbeiter in Ostberlin. Aus diesen ersten Arbeitsniederlegungen entwickelte sich dann am 17. Juni ein Generalstreik, der zu einem Volksaufstand in der ganzen DDR wurde. Mehr als eine Million Menschen aus 6.000 Betrieben (auch aus ganz anderen Bereichen gingen die Leute auf die Straße, Handwerker, Bauern…) beteiligten sich in über 700 Orten an diesem Aufstand. Der Aufstand wurde vom sowjetischen Militär blutig niedergeschlagen. Im Zusammenhang mit dem Aufstand kam es in der DDR zu zehntausenden Verhaftungen und über 50 Menschen verloren ihr Leben. Zudem wurden hunderte Demonstranten wurden zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt und zwei Menschen wurden hingerichtet. In Folge des Volksaufstands wurde der Ausbau des staatlichen Überwachungssystems weiter vorangetrieben. So widmete sich das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) von nun an nicht nur Auslandsspionage, sondern auch der Überwachung der eigenen Bevölkerung.
Zudem stellte die DDR-Regierung den Aufstand als einen „faschistischen Putsch“ dar und wies die Schuld dem Westen zu. Diese gezielte Fehlinformationen bezeichnet man auch als „Legende vom Tag X“.
Die Bevölkerung reagierte auf die Niederschlagung des Aufstands mit einer massiven Flüchtlingswelle in die Bundesrepublik, die erst mit dem Bau der Mauer 1961 beendet werden konnte.
Mit dem Volksaufstand 1953 war es das erste und bis 1989 das einzige Mal, dass sich die Bevölkerung in der DDR gegen das Regime auflehnte und freie Wahlen, Presse- und Meinungsfreiheit sowie ein wiedervereinigtes Deutschland forderte. Es folgten weitere Volksaufstände in den kommunistischen Staaten Ost-/Mitteleuropas für mehr Rechte und Mitsprache, die ebenfalls mit militärischer Gewalt beendet wurden: 1956 in Polen und Ungarn, 1968 in der damaligen Tschechoslowakei, nach der Ausrufung der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung Solidarność in Polen Anfang der 1980er Jahre wurde das Kriegsrecht verhängt.
Aufgrund seiner Bedeutungsschwere gedenkt man bis heute den Ereignissen des 17. Junis 1953 und betrachtet ihn als wichtigen Tag in der deutschen Demokratiegeschichte.
Textinhalte zusammengestellt von Anna Luther, Lasse Schüler, Kilian Zimmermann sowie Cederic Heußinger (THG)
Gedenkstein am Heinz-Erhardt-Platz Göttingen